Was war das für ein seltsames erstes Halbjahr. Wir haben gebastelt wie die Blöden. Wir haben Rost beseitigt, TÜV gemacht, Heizungen eingebaut, gemacht und getan und hatten sehnlichst auf die Urlaubssaison gewartet. Wir hatten uns an einem Samstagabend im Frühjahr abends sogar schon die Zeit genommen unseren Pfingsturlaub grob zu planen und haben uns potentielle Routen und Reiseziele ausgesucht und recherchiert. Und das nur um am nächsten Tag in den Nachrichten zu hören, dass der erste Corona-Fall in Deutschland angekommen war. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch nicht für möglich gehalten was danach alles auf uns als Gesellschaft zukommen würde. Wie ahnungslos wir doch waren. Plötzlich war auch meine gerade entstandene Freundschaft zu meinem Schrauberkollegen Kevin jäh wieder auf Eis gelegt - Kontaktsperre. Wir durften nicht mehr zusammen schrauben. Und es wurde einem langsam bewusst, was
dieser Lockdown für uns als Camper bedeuten würde. Da Corona gerade in Italien so heftig gewütet hatte, war uns unmittelbar klar, dass unsere geplante Schweiz, Savona, Monaco, Verona-Route unmöglich stattfinden könnte. Da sich europaweit die Situation immer weiter zuspitzte und ein Nachbarland nach dem anderen seine Grenze schloss, mussten wir eigentlich von einem Urlaub im eigenen Lande ausgehen. Aber wohin?
Meister der zweiten Idee
Ich bin absolut kein Fan der ersten Idee. Die hat jeder. Darum heisst meine Agentur auch Meister der zweiten Idee. Das Erste was mir als Italien-Meer-Strand-Ersatz einfiel war
natürlich Ostsee und Nordsee. Aber wenn mir das in einer Sekunde einfiel dann braucht der Rest Deutschlands für diese Idee maximal zwei Sekunden. Also war mir klar, dass alle Strandurlauber die
sonst nach Italien, Frankreich, Spanien und in die Türkei fahren oder fliegen sich dort im Norden gegenseitig auf den Füßen rumstehen. Das schied also aus. Das wäre das Gegenteil von
Abstandsregelung oder Kontaktbeschränkung. Gleiches vermutete ich auch bei allen bekannten Seen wie Wannsee, Mecklenburger Seenplatte, Chiemsee oder Bodensee. Mit jedem weiteren Schritt in diesem
Denkprozess und den auf einander folgenden Hiosbotschaften aus den Medien bekamen wir langsam das Gefühl, dass unsere beiden Haupturlaube am Ende ganz ins Wasser fallen würden. Es hätte auch
genauso sein können, dass die Regierung das Reisen an sich verbieten würde. Über irgendwelche Gesetze oder Beschränkungen wollten wir uns nämlich keinesfalls hinwegsetzen. Als dann langsam die
Fallzahlen fielen
und auch diverse Lockerungen in Kraft traten keimte die die Hoffnung langsam wieder auf. Selbst einige Nachbarländer hatten ihre Grenzen für den Tourismus wieder geöffnet. Es boten sich Österreich und Kroation als relativ coronafreie Urlaubsziele an. Selbst Dänemark und Norwegen anzufahren schien wieder möglich. Italien hatten wir allerdings trotzdem noch nicht auf dem Schirm weil dort immernoch ziemlich viel los war. Wir waren überzeugt, dass sich die Situation, die ich im deutschen Norden befürchtet hatte, doch noch relativ dramatisch darstellen könnte obwohl sich die Urlauber nun wieder besser verteilen dürften. Was wir uns bis dato nicht vorstellen konnten war, wie sich das dann mit den Masken und dem Abstandsgebot im Urlaub verhalten würde. Wie würde das in der Praxis aussehen? Wie wird das in den Sanitärräumen auf den Campingplatzen ablaufen? Wie wird das beim Essen gehen? Das Ganze war für uns so abstrakt und absurd, dass wir dazu in unseren Köpfen nur Störungsrauschen bekamen.
Pfingsten
Als der erste große Urlaubsblock zu Pfingsten vor der Tür stand, waren wir noch sehr zurückhaltend und haben uns erstmal nur in Deutschland bewegt. Uns war aber klar, dass wir uns erstmal von Touristen Hotspots fernhalten sollten. Also hatten wir uns überlegt, dass wir zwar unbedingt einen Tapetenwechsel, aber uns nicht in irgendwelchen Menschenmassen bewegen wollten. So fanden wir unsere eigenen Ziele, darunter Eichstätt, Landshut und auch Mittenwald und Garmisch. Dort war zu Pfingsten sehr wenig los und wir hatten bei tollen Wetter echt schöne Tage verbracht. Egal wo wir hinkamen waren die Leute diszipliniert und es fand doch angenehm befreiendes öffentliches Leben statt. Man konnte alles machen wie sonst auch, nur halt eben mit Abstand und mit Maske. Es gibt Geileres aber es geht trotzdem!
Nach Pfingsten beruhigte sich die Lage zwar europaweit weiter, aber trotzdem blieb diese Pandemie ein Wechselbad der Gefühle. Ab einen gewissen Zeitpunkt war sogar wieder Urlaub am Ballermann möglich, was dann nach kurzer Zeit allerdings eskaliert ist. Das hat mich auch echt geärgert. Wir leben in einer Zeit in der Menschen denken, dass sie geltendes Recht mit ihren eigenen Moralvorstellungen abwägen und bewerten, und dann diese Moralvorstellungen als Legitimierung zum Aushebeln von Recht und Gesetz nehmen können. So nach dem Motto: ich glaube nicht an Corona, also muss ich mich auch nicht an die Regelungen halten. Aber egal was ich von einem Gesetz persönlich denke oder halte: Ein Gesetz ist bindend! Eine Interpretation der Gesetze obliegt der Justiz . Als Bürger muss ich mich an Gesetze halten. Wenn ich dagegen protestieren will muss ich entweder politsch aktiv werden oder demonstrieren. Aber bis Gesetze vom Bundestag geändert werden, gelten diese uneingeschränkt. Punkt.
Aber es gibt auch Idioten die glauben, dass man im Urlaub mal Fünf gerade sein lassen kann und man am Urlaubsort auch Urlaub von der Pandemie machen kann. Aber leider gibt es kein Land das nicht von Corona betroffen ist. Aber, es gab schon immer Deutsche die im Ausland dazu neigen sich Dinge herauszunehmen die man sich im eigenen Land nicht trauen würde. Da wird sich im Ausland besoffen und alle Anstandsregeln sind den Bach hinunter. Das Ganze aber auch zu Coronazeiten zu erleben hat mich schon echt entsetzt. Das hätte gut und gerne auch dazu führen können, dass die Regierungen der EU-Länder die Urlaubssaison für alle beenden. Dann hätten diese paar Idioten den Urlaub 2020 für uns alle unmöglich gemacht. Aber glücklicherweise kam es dann doch nicht so. Dann kam endlich der Sommer.
In Richtung Sommer mit unerwarteter Wendung.
Im Zeitraum zwischen Pfingsten und Sommer ging es bei uns in Europa mit den Ansteckungszahlen weiter runter und plötzlich explodierte in den USA die Pandemie mit voller Wucht. In der Berichterstattung war plötzlich die Situation in den USA allgegenwärtig und die Bilder von Lastwägen mit Kühlanhängern schockierten uns Deutsche obwohl bei uns die Situation immer mehr unter Kontrolle schien. Wohin allerdings unser Sommerurlaub gehen sollte war immer noch nicht beschlossen. Da wir geplant hatten mit zwei weiteren Familien zu fahren mussten wir langsam mal entscheiden wo es hingehen sollte. Da die Medien immer wieder kolportierten, dass Kroatien nahezu coronafrei wäre und sich der Kroatische Staat auch auf internationaler Ebene als sicheres Ulraubsland anbot beschlossen wir nach Kroatien zu fahren. Aber, je mehr wir darüber nachgedacht hatten desto größer wurden unsere Zweifel. Da ich noch nie in Kroatien war konnte ich dieses Land überhaupt nicht einschätzen. Ich kenne weder deren Mentalität, noch deren Art mit Touristen umzugehen. Auch hatte ich keine Vorstellung wie dieses Land mit der Pandemie umgehen würde, was die Umsetzung von irgendwelchen Abstandsregelungen usw. angehen würde. Da Kroatien auch viel in dem Medien als mögliches Urlaubsziel angepriesen wurde, musste ich davon ausgehen, dass doch eine Vielzahl von Deutschen dort hinfahren würde. Dazu gab es noch eine Warnung der Auswärtigen Ämter von BRD und Österreich bzgl. dem Freistehen. Davon wird in Kroatien aus Gründen der Sicherheit dringend abgeraten. Was wäre also wenn wir ohne zu buchen nach Kroatien fahren und dann vor Ort keinen freien Campingplatz bekommen würden? Immerhin brauchen wir bei drei Familien nicht nur einen Campingplatz mit einem freien Stellplatz sondern immer mit drei freien Stellplätzen! Würden wir das nicht bekommen, dann wäre Freistehen unumgänglich. Und das wollte ich meiner Familie dort nicht zumuten. Klar, das hätte auch alles glatt laufen können, aber ich konnte das im Vorfeld einfach gar nicht einschätzen weil ich werder Land noch Leute auch nur ansatzweise kenne. Also schied Kroatien für uns doch aus. Da sich eine von den drei Familien aber schon auf Kroatien eingeschossen hatte, ist diese leider doch dort hingefahren. Da waren es nur noch zwei...
Nun waren wir wieder auf der Suche nach einem neuen Urlaubsziel. Und da bislang Kroatien im Raum stand und somit doch Meer und Baden möglich gewesen wäre, waren wir schon echt mit Meer angefixt. Aber wohin soll es denn jetzt gehen? Da fiel uns auf, dass in dem ganzen Hype um die USA in den letzten Wochen, es tatsächlich total leise um Italien geworden war. Wir hatten in der Tat lange nichts mehr über Italien gehört. Nach einer ausgiebigen Recherche bzgl Corona und Italien stellte sich raus, dass sich die Pandemie hauptsächlich in den Regionen Südtirol, Lombardei und Venezien abgespielt hatte. Weiter unten war da im Prinzip nicht viel passiert. Und selbst in den direkt betroffenen Provinzen hatte sich die Lage wieder stark beruhigt und war fast auf deutschem Niveau. In den direkt südlich angrenzenden Regionen wie Ligurien, Toskana, Emilia Romagna war die Situation ohnehin kaum anderes als bei uns. Also war Italien plötzlich ein realistisches Reiseziel. Wir dachten uns wir fahren bis Österreich machen dort eine Nacht Zwischenstopp und fahren dann einfach in einem Zug durch Norditalien durch und umgehen so die ehemalige Coronahochburg und kommen dann "kontaktfrei" in Ligurien an. So soll es geschehen.
Der Sommerurlaub
Endlich war es soweit. Das Urlaubsziel war mit Ligurien ausgesucht. Da wir eine Woche mehr Urlaub mehr hatten als die zweite Familie war klar, dass unser Urlaub nach zwei Wochen alleine weitergehen würde. Aber als Allererstes ging es erstmal zusammen los. Nach unserem Start in Bayern fuhren wir erstmal gemeinsam bis nach Innsbruck zum ersten kurzen Zwischenstopp. Dort trafen wir kurzerhand die Entscheidung eine Nacht am Gardasee zu verbringen und erst danach nach Ligurien weiter zu fahren. Über die Campercontact App haben wir kurzerhand einen Campingplatz gefunden und dann angefahren. Auf diesem Campingplatz war alles sehr gut organisiert. Ich bin zwar kein Fan vom Desinfizieren aber überall standen die obligatorischen Desinfektionsspender und in geschlossenen Räumen, wie z. B. der Rezeption, bestand Maskenpflicht und man musste einzeln eintreten. Also, von den Hygienestandards stand dies, dem was ich aus Deutschland kannte, in nichts nach. Gleiches setzte sich auch in den Waschräumen fort. Überall Spender mit Desinfektionsmitteln und stets sauber geputzt. Auch hier waren alle Platzgäste diszipliniert und hatten in den Sanitärräumen ihre Masken auf. Folgerichtig war es auch in den Restaurants nicht anders. Man wurde vom Personal zum Tisch begleitet und durfte dann seine Maske abnehmen. Die Angst die man im Vorfeld hatte, dass diese Maskenpflicht und die Abstandsgebote alles im Urlaub überschatten würden, waren schnell zerschlagen. Im Gegensatz zu dem Zeitraum in der man am Tisch saß und sein Essen genießen durfte war das kurze Tragen der Maske bis zum Tisch einfach zu ertragen. Am nächsten Tag sind wir dann weiter nach Moneglia in Ligurien gefahren.
Dort angekommen zeigte sich das gleiche Bild. Überall Spender und alles stets gut geputzt. Selbst in Moneglia, welches kein generisches Touristendorf ist, sondern ein echtes kleines Städtchen, war alles so wie es (zu Pandemiezeiten) sein sollte. In Supermärkten war Maskenpflicht und in kleinen Geschäften, Bäckereien und Apotheken war Maskenpflicht und einzeln Eintreten angesagt. Klar, war das im Vergleich mit Urlauben aus den Vorjahren alles etwas anders, aber man konnte trotzdem den Urlaub in vollen Zügen genießen. Der erste Gang zum Strand war etwas seltsam, weil überall im Sand Holzpfosten in regelmäßigen Abständen steckten. Da war klar, dass dies die Abstände für die Schirme markiert. Klar war das alles nicht so frei wie man das von früher kannte, aber es waren trotzdem stets genügend Plätze
am Strand frei. Bei unserem ersten Bad in der Ligurischen See war mir klar, dass die Entscheidung nach Italien gefahren zu sein richtig war. So wie hier alles organisiert war und die Regeln eingehalten wurden, war die Chance sich zu infizieren nicht größer als in Deutschland. Und mit der gleichen Disziplin die wir auch in Deutschland praktiziert hatten, waren wir uns auch ziemlich sicher niemand anderen zu gefährden - nicht mehr als in Deutschland. Das zeigt ganz deutlich, dass man sicher weder besaufen, noch in Clubs zusammenrotten muss um einen schönen Urlaub zu haben. Nach knapp zwei Wochen haben sich beide Familien getrennt. Unsere Freunde mussten wieder nach Hause. Da wir in Ligurien die extreme Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit als extrem anstrengend empfanden wollten wir in eine Gegend die etwas weniger bergig und eher flacher war. Also sind wir erstmal weiter nach La Spezia gefahren. Da es dort aber keine Stellplätze gab sind wir weiter in die Toskana nach Pisa gefahren. Auch auf dem Campingplatz dort gab es klare Ansagen zu klaren Regeln und die sahen genauso aus wie wir das schon kannten. Allerdings waren auf dem Platz in Pisa mehr Jugendliche und die nahmen es teilweise nicht so genau. Nicht, dass es ausgeartet wäre aber auch dort stellte man fest, dass die Bereitschaft bei der tendenziell jüngeren Bevölkerungsschicht nicht so gegeben ist, wie bei den Bürgern ab 25-30 Jahre.
Was auf diesem Platz total irrwitzig war, waren die Dauercamper. Diese hatten ihre Straßen in der Mitte des Platzes wohingegen die Stellplätze für die Durchgangscamper aussen herum angeordnet waren. Um zur Rezeption oder dem Market zu kommen musste man durch deren Straßen laufen und da hatten wir echt einen richtigen Brasilien-Moment. Die vorwiegend italienischen Dauercamper haben sich dort eine kleine Stadt gebaut die wie eine Favela angemutet hatte. Alles irgendwie verbunden und zugebaut und in Hinterhöfen hinter den Wohnwägen alles einfach eingerichtet und kein Platz glich auch nur annähernd dem anderen. Gerade in den Abendstunden hatte dieses "ghettoistische" eine unfassbare Gemühtlichkeit ausgestrahlt. In dieser Favela war allerdings nix mit Coronaregeln. Die Bewohner dort haben sich alle ohne Masken und Abstandsregeln ausgetauscht. Lediglich wenn sie zu den Waschräumen gingen hielten sie sich an die Regeln. Aber im Prinzip hatten wir mit diesen Bewohnen auch physisch keine (ungeschützen) Kontaktpunkte. Insofern war das für mich auch ok.
Nach insgesamt 14 Tagen Italien hatte uns die Hitzewelle so derb mürbe gemacht, dass wir die Heimreise angetreten sind. Als Zwischenstopp haben wir uns den Brenner mit seinem Outlet-Center ausgesucht. Über die App hatten wir einen Stellplatz gefunden den wir direkt angefahren hatten. Auch da gab es bzgl. der Coronaregeln nichts auszusetzen. Alle hielten sich an die Regeln, sowohl an der Rezeption wie auch in den Waschräumen. Gleiches gilt übrigens auch für das Outlet-Center, welches den Ansturm der Kunden trotz Einhaltung der Coroanregelungen toll und vor allem angenehm gemeistert hatte. Der dreistündige Besuch dort war, trotz Maske, ein voller Erfolg.
Was wir allerdings im gesamten Urlaub verfolgt hatten war das Geschehen in Kroatien. Immer wieder hörten wir Nachrichten über steigende Zahlen in den dortigen Urlaubsgegenden. In unseren letzten Tagen waren wir auf dem Heimweg noch zu Freuden nach Österreich gefahren und hörten bei unserer Ankunft, dass Österreich alle seine Bürger binnen 30 Stunden nach Österreich zurückgerufen hatte. Alle die danach zurückkamen mussten zwangsweise für zwei Wochen in Quarantäne. Das hätte auch mit Deutschen Urlaubern passieren können.
Fazit
Ich bin froh, dass wir nicht aus Angst den Urlaub 2020 ganz gestrichen hatten, wie viele andere das getan hatten. Wir konnten unseren Urlaub trotz erhöhter Disziplin sehr genießen. Wobei man sagen muss, dass wir uns vorher auch nicht "schlimmer" verhalten hatten. Somit war die Umstellung auch nicht so krass. Aber wir waren auch froh mit unserer Entscheidung nicht nach Kroatien zu fahren. Wir hatten da einfach ein mulmiges Gefühl und das hat uns nicht getäuscht. Wenn einem bei etwas schon mulmig ist, dann sollte man auf seine innere Stimme hören. Und Kroatien ist nach Corona sicher auch noch da...
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