Eigentlich bin ich kein typischer Tempomat-Fahrer. Doch mit der aktuellen Preisentwicklung an der Zapfsäule kommt man schon mal ins Grübeln, ob es nicht doch Wege gibt, wie man Sprit sparen kann.
Da der hohe Spritverbrauch meist daherrührt, dass man oftmals zu tief aufs Pedal drückt, zu viel schaltet oder zu leicht unbemerkt die Geschwinigkeit erhöht, bietet es sich an dies einer
Steuerung zu überlassen – dem Tempomat. Werksseitig ist in meinem Fahrzeug leider
keiner eingebaut. Früher war so eine Nachrüstung eine Riesensache. Da die Gaspedale früher mechanisch mit Bowdenzügen gebaut wurden, musste man also die Regelung auch mechanisch auf das Pedal übertragen. Heutzutage sind selbst die Gaspedale nichts weiter als elektronische Potentiometer, die wiederum ihrerseits mechanische Baugruppen ansteuern. Somit ist eine Nachrüstung erstaunlich einfach. Beim Sevel muss man zu allererst nachsehen ob der Tempomat vorbereitet wurde. Das erkennt man daran, dass der richtige Kabelsatz bereits vorinstalliert ist. Dazu muss man im Lenkstock nach dem Stecker suchen. Ist dieser vorhanden, ist die Installation wohl recht einfach. Das heisst nicht, dass die Umrüstung ohne den vorbereiteten Stecker nicht möglich ist. Denn man kann selbst Kabel ziehen und diese mit dem Bordcomputer verbinden, nur das erhöht den Schwierigkeitsgrad erheblich. Um die Verkleidung des Lenkstocks öffnen zu können, muss die untere Armaturenbrettverkleidung weichen. Man muss nur den Deckel des
Sicherungskasten entfernen und dann auf der Oberseite der Verkleidung drei Schrauben abschrauben. Schon kann man die Verkleidung nach unten klappen und hat dann freie Sicht auf die Schrauben der Lenkstockverkleidung. Wenn man hier die beiden Inbusschrauben löst kann man den Lenkstock freilegen und man kann auf der linken seite auf der Höhe des Blinkers den Stecker rausziehen. Was für ein Glück: der Stecker ist vorbereitet. Nun begann für mich aber das eigentliche Problem, denn aktuell sind keine Lenkstockschalter für den Ducato zu finden. Weder auf ebay, noch gebraucht auf Kleinanzeigen, noch bei Axel Augustin. Durch das Internet erfuhr ich, dass der Lenkststockschalter des Fiat Croma mit dem des Sevel fast identisch ist. Elektronisch funktioniert er wohl sofort, er muss wohl lediglich am Gehäuse etwas abgefeilt werden, damit er mechanisch passt. Diese konnte ich im gesamten Lenkstockhebel-Set gebraucht für 100EUR finden. Ich habe heute auch jemanden bei uns in der Nähe gefunden, der die komplette Umrüstung auf Tempomat für 250EUR anbietet und die dafür nötigen Parts auf Vorrat hätte. Andererseits habe ich aber auch von Nerds gelesen, die sich den Tempomat einfach mit eigenen Schaltern gangbar gemacht haben.
Von der Idee zur Tat
So, ich hatte jetzt die Tage auf ebay den Lenkstockhebel vom Fiat Croma für 80,-EUR gefunden und fand mich verwegen genug um es zu riskieren. Heute kam er an und ich musste natürlich schnellstmöglich wissen ob er geht. Da ich für den Preis den kompletten Lenkstock bekam, musste ich den Tempomatschalter erstmal aus dem gesamten Schaltergebilde rauschrauben. Das ging relativ easy. Nur die Sicherungslaschen sind etwas fummelig beim Zerlegen. Nervt.
Nun wollte ich das Teil natürlich in Action sehen. Also habe ich wieder alles zerlegt und hab den Schalter direkt an den Stecker angeschlossen. Nun musste ich nur noch die Zündung einschalten und den Tempomatschalter auf ON Drehen, und schwupp, leuchtete die Tempomat-Leuchte im Cockpit! Geil, das funzt alles ohne Programmieren. Nun wäre das echt zu schön gewesen, wenn man den Croma-Hebel einfach so im Sevel einbauen könnte. Nein, so einfach will Fiat es mir dann doch nicht machen. Man kann ihn zwar 2cm in die Position einschieben, aber dann stockt es sowohl am Schalter, wie auch am Lenkstock. Am Schalter muss man eine Lasche für die Verschraubung absägen und alles schön glatt verfeilen. Nun stellt man fest, dass Hebel trotzdem nicht bis ganz hinten rutscht. Aber es ist notwendig, dass er bündig in der Aufnahme sitzt, weil sonst die Lenkstockverkleidung nicht drüber geht. Also musste an der Aufnahme noch eine schräge Seitenwand raus. Da die Stelle blöd zu erreichen ist habe ich sie einfach mit einer Kombizange rausgebrochen und die Kante dann mit dem Cuttermesser sauber gemacht.
Und kaum hat man es passend gemacht, schon passt es auch. Spass bei Seite. Jetzt wo er in Position ist hatte ich noch die Sorge, dass er wackeln würde, weil ich ja die Schraublasche absägen musste. Aber er saß trotz aller Zweifel so fest, dass ich mich nicht genötigt fühlte ihn anderweitig zu befestigen. Immerhin griffen ja auch die Laschen.
Nun musste ich nur noch die Verkeidung bearbeiten, damit die Öffnung groß genug ist, dass zwei Hebel reinpassen. Das Gute ist, dass dies bereits vorbereitet ist und man das ganz gut sägen und feilen kann. Nun musste ich das Ganze nur noch zusammenbauen. Das ging relativ fix und dann hab ich nur noch schnell mein Werkzeug verräumt, damit ich endlich eine Probefahrt machen kann.
Der Tempomat funzt einwandfrei. Alle Funktionen die ich mir gewünscht habe sind verfügbar: ich kann die aktuelle Geschwindigkeit einlocken und dann mit dem Hebel die Geschwindigkeit nach oben und unten anpassen. Mit der Reset-Taste und dem Bremspedal komme ich auch wieder aus dem Tempomat raus. Einwandfrei. Für 80,-EUR und 20 Minuten Arbeit, megageil!
Nachtrag 1. Mai 2022
Heute hatten wir unseren ersten Wochenendtrip seit dem Einbau des Tempomat. Es ging mit einer befreundeten Familie ins fränkische Ebrach auf einen Campingplatz. Die Fahrt war ca. 70km – einfach – darunter viel Autobahn. Perfekt um den Tempomat mal richtig intensiv zu nutzen und auszuprobieren. Ich muss sagen, meine Begeisterung ist sogar noch etwas gestiegen. Ohne es explizit ausgerechnet zu haben fühlt es sich wirklich so an als wäre der Spritverbrauch niedriger als vorher. Ausserdem ist das Fahren wirklich entspannter. Gerade das rechte Bein wird stark entlastet, da es nicht ausgetreckt sein muss um das Gas zu betätigen oder in Alarmstellung für die Bremse zu sein. Das Bein ist normal sitzend aufgestellt und fühlt sich auch auf lange Strecken nicht ermüdet an. Ich bin absolut begeistert von unserem neuen Feature. Ich kann es nur jedem empfehlen, der Aufwand lohnt sich in jedem Fall.
Nachtrag 15.6.2022:
Jetzt wo der Sardinien-Urlaub vorbei ist, habe ich nochmal die Erfahrung von weiteren 2500km im Gepäck. Der Tempomat ist ein Segen. Zugegeben, er ist nicht so modern wie der in meinem 2014er Astra. Zu allererst: er geht etwas ruppiger zur Sache. Was meine ich damit? Wenn ich beim Astra die Geschwindigkeit in 3er Schritten verändere, dann macht er dies sehr smooth, so dass man davon kaum etwas mitbekommt. Der Sevel reagiert da direkter. Er erhöhrt sofort und wenn die Geschwindigkeit erreicht ist, locked er sich dort mit einem leichten Ruck ein. Das ist aber absolut nicht schlimm. Darüberhinaus hat er z. B. keine Memory Funktion. Beim meinem Astra kann ich nämlich mit einem Schalten nach unten nicht nur die aktuelle Geschwindigkeit "locken" , sondern könnte statttdessen mit einem Schalten nach oben die letzte gespeicherte Geschwindigkeit wieder aufrufen. Das ist nach dem Bremsen recht praktisch. Auch schaltet sich der Tempomat meines Astra beim Kuppeln, um z. B. in einen anderen Gang zu schalten, nicht ab, sondern fährt nach dem Einkuppeln sofort wieder in der gespeicherten Geschwindigkeit weiter. Der Tempomat des Boxer hingegen deaktiviert sowohl beim Bremsen als auch beim Kuppeln. Er muss also dann wieder gelocked werden. Das ist absolut nicht schlimm. Das ist mir halt als Unterschied aufgefallen.
In der Praxis hingegen ist es absolut kein Vergleich zu vorher ohne Tempomat. Gerade auf der Autobahn ist auch der Tempomat des Sevel eine unfassbare Bereicherung. Alleine die Möglichkeit die Position der Beine während der Fahrt ständig wechseln zu können, zögert das Ermüden des gesamten Körpers deutlich hinaus. Somit war es möglich mit wesentlich weniger Zwischenstopps zu fahren. Ein seltsamer Nebeneffekt hatte sich dann auch noch eingestellt, es war nämlich auch für meine Mädels angenehmer und auch sie brauchten nicht so oft Zwischenstopps. Seltsam.
Was ich zufällig raus fand war folgendes Feature: mit dem Hebel kann man pro Klick nicht nur die Geschwindigkeit um je 3km/h erhöhen bzw. absenken, sondern wenn man den Hebel z. B. nach oben gedrückt hält, dann fungiert dieser nach 2 Sek wie das Gaspedal. Somit ist es möglich auch ohne den rechten Fuß den Wagen zu beschleunigen. Wenn die gewünschte Geschwindigkeit erreicht ist, lässt man einfach los und der Wagen fährt in dieser Geschwindigkeit weiter. Der Vorteil hierbei ist, dass man, im Gegensatz zum Fuß, das Gaspedal nicht zu weit durchdrücken kann, was sich mehr als positiv auf den Spritverbrauch auswirkt. Letzterer fiel über die gesamte Reise nach meiner Einschätzung wesentlich geringer aus. Gerade wenn es stark bergauf geht, neigt man ohne Tempomat dazu das Gaspedal zu stark durchzutreten um auf Geschwindigkeit zu bleiben. Weil mir das schon nach weniger hundert Kilometern auffiel habe ich mir hierzu Gedanken gemacht. Also habe ich da für mich folgenden praktischen Test gemacht: Zu allererst habe ich mir den aktuellen Spritverbrauch im Display anzeigen lassen. Auf Autobahnstrecken wo es deutlich bergauf ging habe ich nun manuell (oder heisst das mit dem Fuß dann peduell??) versucht die Geschwindigkeit zu halten. Schnell ging die Anzeige bis auf 25l, manchmal sogar bis 28l hoch. Als ich dies über den Tempomaten regulieren ließ kam ich, bei der exakt gleichen Anhöhe, auf maximal 17l. Das mag bei einer einzelnen Steigung wenig ins Gewicht fallen, aber bei allen Steigungen die ich bei 2500km durchfahren habe, läppert sich das sicherlich zusammen.
Fazit: Es war eine weise Entscheidung den Tempomaten einzubauen!
Die Komponenten die ich verwendet habe, sind:
80,-EUR Tempomatschalter vom Fiat Croma
Reste von:
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