Grundsätzlich fährt unser Cruisemobile mit dem neuen Motor vom Jahr 2023 wirklich sehr sehr gut. Natürlich kommt bei aller Begeisterung da noch das eine oder andere "Aber".
Das erste "Aber" ist: so gut wie er fährt, aber er hat halt trotzdem nur 120PS. Das zweite "Aber" ist: so gut wie er fährt, aber ich habe in den letzten Jahren immer nur Sachen eingebaut, aber wenig ausgebaut - die Kiste ist also über die Jahre des ewigen Bastelns, sehr schwer geworden. Ich muss jetzt also auf die Situation reagieren, und zwar dort, wo ich Einflussmöglichkeiten habe. Ich werde sicher nicht den neuen Motor tunen um mehr PS herauszuholen. Ich habe aktuell noch Garantie, welche durch Chiptuning direkt verfällt, ausserdem war mir der Motor einfach zu teuer um damit irgendwelche Experimente zu machen. Also ist der logische Einflussbereich das Gesamtgewicht des Fahrzeuges. Und genau da werde ich in den nächsten Wochen ansetzen um abzuspecken.
So sehr ich es liebe nun 76l Frischwasser und 34l Abwasser zu haben; so sehr ich es genieße ein Luftfahrwerk mit 18" Felgen zu haben; so sehr ich jedes Gadget und technische Raffinesse gerne dabei habe, so sehr muss ich aktuell durch das Auto gehen und jedes Element einmal umdrehen und überlegen "brauche ich das Teil wirklich?". Gerade auf meiner letzten Fahrt durch Italien habe ich speziell im Gebirge und bei starken Anstiegen doll germerkt, dass meine schmalen 120PS schon mit all dem Gewicht sehr zu kämpfen haben. Ich hatte auf den 4200km sehr viel Zeit im Kopf das komplette Fahrzeug durchzugehen und mich da schon im Kopf von einigen Dingen zu verabschieden. Klar, wäre es schön jederzeit für jede Eventualität gerüstet zu sein um im Bedarfsfall das richtige Gadget aus dem Hut zu zaubern. Aber ich habe mich bei vielen Dingen wirklich fragen müssen, ob ich sie wirklich einsetze oder ob ich sie einfach nur spazieren fahre. Und da kamen doch so einige Dinge zusammen. Da ich bei dieser Fahrt die Super B Lithium Batterie neu hatte war mir wichtig die alte AGM als Backup dabei zu haben. Natürlich flog die nach dem Trip als erstes raus. Das waren auf Anhieb mal 29kg. Aber ich hatte direkt gleich das nächste krasse Ballaststück entlarvt das ich nie nutze: das Reserverad. In keinem meiner Autos der letzten 20 Jahre hatte ich ein Reserverad dabei. In der Reserveradmulde meiner Autos war stets der Subwoofer verbaut. Ich hatte stattdessen immer Reifenflicksets dabei mit denen man das Loch im Reifen mit einen Stück Kautschuk und Vulkanisierkleber wirklich stabil reparieren kann. Das funktioniert aus meiner Erfahrung extrem gut und vor allem dauerhaft. Immerhin wiegt das Reserverad inkl. Aufängung ca. 35kg. Das nächste extrem schwere Element das für mich unwichtig ist, ist die Anhängerkupplung. Da ich keinen Fahrradträger mehr auf der AHK nutze habe ich absolut nichts was ich an das Cruisemobile anhängen möchte/ muss. Wer sich das Teil mal von unten ansieht, der erkennt, dass diese komplette Konsole extrem wuchtig und stabil aus Stahl gebaut ist. Dieses gesamte Monstrum wiegt auch ca. 30kg. Das letzte große Teil das ich loswerden will ist unsere Sackmarkise. Während des Ausbaus war uns klar, wir würden definitiv die Sackmarkise unseres alten Wohnwagens übernehmen. Die hat uns dort gute Dienste geleistet. Was wir damals nicht bedacht hatten, war, dass wir mit dem Wohnmobil ein völlig anderes Urlaubsverhalten haben würden. Wir stehen nicht mehr ausschließlich fest für den gesamten Urlaub auf dem Campingplatz und würden alles andere mit dem Auto fahren. Jetzt ist das Cruisemobile das Auto und muss jederzeit bewegbar sein. Mit der Markise ist das so nicht möglich, weshalb wir feststellen mussten, dass wir die Markise eigentlich seit Jahren nicht mehr eingesetzt/ ausgefahren hatten. Wir fahren sie eigentlich nur noch spazieren und sie vergammelt vor sich hin. Also: weg damit, 10kg weniger. Alles in Allem bin ich alleine bei diesen großen ersten Einsparungen bereits bei über 100kg. Das ist echt eine ganze Menge!
Demontage des Reserverads.
Das war der Teil der Diät bei dem ich dachte, das würde superschnell und einfach gehen. Am Arsch! Ich weiss nicht was die italienischen Ingeneure für krassen Stoff geraucht haben, aber das ist totaler Scheiss. Die ziehen das Reserverad mit einem Drahtseilmechanismus hoch bis unter den Fahrzeugboden. Klar, spart das Gewicht gegenüber einem ausladenden Metallgestänge wie bei manchen alten Knaus Wohnwägen. Aber diese Technik ist alleine schon oberscheisse, weil man zum Kurbeln einen, man horche auf, FÜNFKANTSCHLÜSSEL braucht. Was zum Teufel? Warum kein normaler Inbus?Jetzt mag man argumentieren, mit einem Inbus könnte jeder das Rad unerlaubterweise ablassen. Aber der Fünfkant ist ja auch frei erhältlich. Also ein echter Diebstahlschutz wie bei Felgenschlössern ist das nicht. Dieser exotische Schlüssel wäre beim Neuwagen natürlich dabei, aber bei mir ist der nicht mehr vorhanden. Alle die ich gefragt habe die auch einen Sevel haben, konnten diesen Schlüssel auch nicht finden. Normal ablassen ging also nicht. Zu Allererst habe ich das Cruisemobile hinten auf meine nagelneuen Auffahrrampen gefahren um unter dem Wagen mehr Platz zu haben. Ich hab schon darauf gewartet die endlich mal einzusetzen. Ich habe dann als Erstes versucht die Mechanik mit einer Wasserpumpenzange zu bewegen aber da war nix zu machen. Immerhin hat diese Mechanik auch nie einer bewegt. Das war alles total verrostet und zugemockt. Da hätte sich auch mit diesen bescheurten Schlüssel vermutlich nicht mehr viel bewegt. Nach Abwägen aller Optionen - ich sah da wirklich nur eine - griff ich zur Akku-Flex und hab den Felgenhaken einfach durchtrennt. Damit ich mich beim Herunterfallen des Reserverads nicht verletze habe ich Kanthölzer grob auf Länge gesägt und dann unter das Reserverad geklemmt um es zu fixieren. Nicht, dass mir bei laufender Flex das Reserverad irgendwo die Flex hinschiebt. Bei sowas passieren schlimme Unfälle. Nachdem die Aufhängung durchtrennt war konnte ich das Reserverad langsam zu Boden bringen in dem ich eines der Kanthölzer weg zog. Nun lagen alle Schrauben und Muttern der gesamten Aufhängungsmechanik frei. Diese Schrauben saßen nicht annähernd so fest wie ich befürchtet hatte. Wow, das lief super, und wow, ist dieses Rad schwer. Und wow, ist dieses Scheissding alt und vergammelt. Das hätte ich eh nicht mehr einsetzen können. Der Reifen war verwittert als wäre er von einem Militärfahrzeug aus dem 1. Weltkrieg. Also weg damit.
Demontage der Anhängerkupplung.
Ich kannte das Teil grob, weil ich meinem guten Freund Kevin half seine abzumontieren, denn er wollte sie unbedingt konservieren und in Brantho Korrux baden. Er hat totale Rost-Paranoia. Im Prinzip kann man sie in drei Teile zerlegen, wenn man vorher den Heckstoßänger aus Kunststoff demontiert hat. Dieser ist unten nämlich an zwei Stellen mit der Konsole der Anhängerkupplung verschraubt. Was hier sehr cool war, dass die Steckdose nicht durch eine Bohrung durchgesteckt, sondern seitlich durch eine Aussparung eingeschoben war. Somit konnte ich die Metallkonsole, durch das Lösen von 3 Schrauben, von der Elektrik trennen ohne die Kabel durchtrennen zu müssen. Gerade bei der AHK wollte ich mir nämlich, für den Fall der Fälle, die Option offen lassen, alles wieder montieren zu können – Sehe ich zwar aktuell nicht, aber ich wollte nicht kurzsichtig sein. Auch dieses Teil ist wirklich richtig schwer. Unfassbar, dass ich das die ganze Zeit für nix und wieder nix durch die Gegend gefahren habe. Auch da war es eine Gefühl von Erleichterung als ich das in die Garage getragen hatte. Die Steckdose und das
Kabel habe ich unter dem Heckstoßänger mit Kabelbindern fixiert. So musste ich nichts abstecken, durchschneiden oder anderweitig destruktiv behandeln. Nun, da die größten Klopper abmoniert waren, lagen natürlich eine Menge Schraubenlöcher offen – am Unterboden ist das natürlich wie eine offene Tür für Rost. Direkt nach der Demontage habe ich deshalb alle Löcher richtig satt mit Owatrol eingesprüht und alles 24h eintrocknen lassen. Owatrol kann eventuell bereits entstandenen Rost chemisch umwandeln und auch von Sauerstoff und Feuchtigkeit abschotten und somit das Wachstum des Rosts an dieser Stelle komplett stoppen. Am nächsten Tag habe ich dann alles zusätzlich richtig dick mit Seilfett eingesprüht. Seilfett wird zu einer sehr zähen Schicht die durch ihre Elastizität auch Steinschlag von unten gut abkann. Im Gegesantz zu Lack platzt da nix ab. Also auch da darf man nicht sparen. Fett satt drauf.
Als nächstes kommt demnächst die Markise noch ab und ich werde auch bei allem was im Wagen so mitfährt nochmal Inventur machen und lasse dann auch viele Kleinteile zuhause. Denn wie man weiss: Kleinvieh macht auch Mist.
Wichtig: wenn man beim Sevel die Anhängerkupplung entfernt, muss man ein Substitut einbauen, eine sogenannte Prallschutztraverse. Die Anhängerkupplung trägt nämlich zur Statik des Wagens bei und wenn man sie entfernt, wird der Wagen hinten auch etwas fragiler im Falle eines Aufpralls. Diese Traverse gleicht diese Instabilität wieder aus, ist dabei aber wesentlich leichter als die originale AHK. Also trotzdem was eingespart. Die Traverse gibt es bereits ab 70,-EUR, je nach Hersteller.
Nachtrag bzgl. weiterer Gewichtsersparnis:
Bei meinem Projekt Heckküche habe ich erstmalig mit Sperrholz gearbeitet und stellte fest wie leiht dieses Material im Vergleich zu Span-Dekor doch ist. Ich werde also in naher Zukunft sämtliche Schranktüren, Regalböden und Klappen gegen lackiertes und geöltes Sperrholz ersetzen. auch dies wird seinen Beitrag zu einem schlankeren Gewicht beitragen.
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