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Eine Unterflur-Kiste - Ein gewagtes Projekt

Wer kennt es nicht: man fährt extrem viel Gerümpel durch die Gegend das man glaubt zu benötigen, aber eigentlich braucht man es doch sehr selten. Trotzdem hat man es immer mit und ertappt sich immer wieder dabei wie man das Zeug ausräumt, einräumt, umräumt, nur um an andere Dinge zu gelangen. Oftmals sind diese Dinge auch nicht schwer, aber unförmig und sperrig. Bei uns sind das z.B. der Alu-Tritt, das klappbare Trolleygestell für unsere Strandsachen, oder fürs Wegbringen der Kassettentoilette, Reifenflickset, elektrische Reifenluftpumpe, Abschleppseil, ach, ich könnte noch so einiges aufzählen. Genau genommen brauchen wir das wirklich nur im Sommerurlaub, oder im Pannenfall aber wir "verwalten" dieses Zeug das ganze Jahr.  Wäre doch geil wenn man das irgendwo verräumen könnte wo es von den Alltagsdingen getrennt ist. Da hatte ich tatsächlich die zündende Idee als ich unser Cruisemobile im Zuge der Abspeckaktion vom Reserverad befreit hatte. Da fiel mir der riesige ungenutze Platz am Unterboden auf. Ich dachte mir, was wenn ich dort eine Kiste montiere, die von unten zugänglich ist und ich dort Dinge reinpacke die 1. nicht schwer sind, aber die ich 2. sehr selten brauche. Sofort habe ich mich im Internet auf die Suche nach einer Kiste gemacht die den Abmaßen dieser Freifläche entspricht. Leider fand ich nur Kisten die in Länge und Breite gepasst hätten, aber keine Kiste war dazu auch noch so flach, dass sie unter den Unterboden gepasst hätte OHNE zu weit in Richtung Straße zu stehen. Der tiefste Punkt war die Hinterachse und die Auflage war, auf keinen Fall einen noch tieferen Punkt zu erzeugen.

 

Denn sehen wir den Tatsachen ins Auge: ich lehne mich mit diesem Projekt extrem weit aus dem Fenster, denn das Ganze kann mir beim TÜV kapital um die Ohren fliegen. Deswegen wollte ich unbedingt vermeiden, dass der TÜV sagt die Kiste beschränkt die Bodenfreiheit. OK, zurück zur Suche nach einer passenden Kiste. Ich konnte weit und breit keine Kiste finden die ca. 1m lang, 45cm breit und lediglich 24cm hoch war. Das gab es ums Verrecken nirgends. Dann erinnerte ich mich an Alukisten, die ich in der Vergangeheit hatte. Die hatten einen tiefgezogenen und dann eingenieteten Boden. Würde ich die Blindnieten ausbohren, könnte ich den Boden entnehmen. Ich könnte dann den Korpus nach Belieben kürzen und den Boden dann an höherer Stelle wieder einnieten. Das könnte gehen. Ich konnte das auf den Bildern zwar nicht 100% genau erkennen, aber was solls: Ich habe sie trotzdem kurzerhand bestellt.

Als sie kam, war sie tatsächlich so konstruiert wie gehofft. Innerhalb von 10min waren alle Nieten entfernt und ich hatte den Boden in der Hand. Ich habe über die Hälfte der Höhe der Box mit der Stichsäge abgeschnitten und dann die Schnittkanten entgratet. Dann habe ich den Boden provisorisch eingesetzt und alles nochmals gemessen. Passt. Dann habe ich den Boden mit Zwingen fixiert und die Löcher aus dem Bodenfalz in dem Korpus durchgebohrt. Danach habe den Boden nochmal entnommen zwischen Boden und Korpus etwas FixAll eingebracht. Danach habe ich den Boden maßgenau in Position gebracht und dann eine Blindniete nach der anderen gesetzt bis der Boden wieder komplett befestigt war. Ich habe dann zur Sicherheit innen noch eine Dichtfuge mit FixAll gesetzt und auch die Aussenkante mit einer Dichtfuge aufgehübscht und abgedichtet.

Mein Plan war den Deckel der Kiste am Unterboden zu befestigen und quasi den Korpus der Kiste an den Scharnieren des Deckels nach unten Richtung Straße abzuklappen. Dazu bräuchte ich am Deckelrand starke 3mm Aluwinkel die das Gewicht der Kiste samt Inhalt auch stabil tragen können. Befestigt würden diese an der Kiste mit Blindnieten und am Rahmen des Fahrzeugs mithilfe von Einnietmuttern und Schrauben. Genau so habe ich das dann auch umgesetzt. Bei der Anzahl der Blindnieten pro Winkel war ich wirklich nicht sparsam und dachte mir, lieber eine mehr als eine zu wenig. Dabei ging mein Blick immer wieder über den restlichen Aufbau der Kiste und ich befand, dass auch dort sicherheitshalber nachgebessert werden sollte. Also habe ich die insgesamte Anzahl der Nieten quasi verdoppelt - wirklich nur um sicher zu gehen.

Als dies erledigt war, habe ich die Bohrungen am Fahrzeug gesetzt und diese mit dem Senker entgrateten Bohrlöcher erstmal mit Owatrol vor Korrosion geschützt bevor ich die Einnietmuttern aus Edelstahl eingepresst hatte. Nach dem Einpressen habe ich nochmals einen Schuss Owatrol auf diese Verbindungen gegeben. Dann konnte ich erstmals die Kiste montieren. Eigentlich alles perfekt. Aber nur eigentlich. Denn, die Kiste war zwar überhalb der Hinterachse und sie war auch stabil montiert, aber was ich nicht bedacht hatte war, dass wenn die Kiste komplett auf dem Boden runtergelassen ist, dann ist die Öffnung gerade mal 11cm hoch. Was soll ich in diese läppische Öffnung bitte reinbekommen. einzelne Blätter Papier?? Oh mann, das Projekt war hier erstmal zu Ende, nachdem ich die Kiste wieder abmontiert und in den Keller gebracht hatte. Nach ein paar Tagen Schwarzärgern, kam mir aber auch dafür die Lösung. die Kiste braucht auf der Vorderseite einfach nur noch eine weitere Klappe. Damit wäre die Öffnung nochmal um einiges größer. Aber auch diese Klappe sollte stabil sein, damit während der Fahrt nichts aufgehen, abgehen oder wegbrechen würde. Ich möchte keinesfals auf der Autobahn einen Unfall verursachen.

Als erstes habe ich mit Edding sorgfältig die Kontour der Klappe angezeichnet. Beim Aussägen war wichtig sich in keine Richtung zu versägen, denn ich brauchte sowohl die Teile innerhalb wie ausserhalb des Schnitts. Aber auch das ging wunderbar. Dann konnte ich die Edelstahlscharniere bohren und einnieten. Wichtig war mir jetzt, dass die Klappe nicht nach innen wegkippen kann. Also brauchte es hier innen einen Anschlag. Da könnte ich dazwischen auch eine Dichtlippe einbringen. Nach aussen konnte die Klappe nicht wegkippen weil bei geschlossener Kiste der Deckelfalz die Klappe in Position hält. Fehlt nur noch eine Möglichkeit die Klappen an den Scharnieren irgendwie zu dichten. Dazu später.

 

Ich habe zwar beim Umbau und der Montage der Kiste stets auf Stabilität geachtet aber was mir jetzt noch wichtig war, eine extra Absicherung zu haben, falls doch eines der Scharniere oder einer der Winkel aufgeben würde. Das Naheliegendste war ein Spanngurt. Dafür musste ich am Unterboden Bügel einnieten durch die der Gurt durchgefädelt würde. So könnte ich die Kiste von unten gegen den Unterboden spannen, ungeachtet dessen, ob die regulären Aufhängungen am Kistendeckel noch intakt sind oder nicht. Auch würde das die Last von den Scharnieren und Schlössern nehmen um diese zu schonen.

Da ich in der Kiste hautsächlich Dinge wie den Alu-Tritt, den Alu-Trolley und anderen Kleinkram transportieren würde, hatte ich etwas Sorge, dass der ganze Kladeradatsch bei jeder Bodenwelle hinten Metall-auf-Metall klappern würde. Also habe ich kurzerhand den Boden der Kiste mit einem Reststück PVC-Boden ausgekleidet. Somit würde das schon mal kein Geräusch machen.

Als allerletzte Amthandlung wollte ich die Kiste im Sichtbereich noch schwarz-matt lackieren. Denn, der Teil der unter der Heckstoßstange hervor stand war optisch schon sehr auffällig. In schwarz-matt würde sich das besser in den Unterboden einfügen. Deshalb habe ich die eingebaute Kiste einfach mit Kartons etwas eingehaust und alles unterm Auto einfach angesprüht. Der Effekt war genau wie bestellt. Die Kiste ist nun im Stealth-Modus. Nun musste ich sie nur noch beladen und endlich war ich ganz viel Gelumpe los.

Einzig, die Fahrt zum TÜV sorgt mich noch etwas. Ich hoffe wirklich, dass die Prüftstelle ihren Segen gibt. Dann bin ich glücklich. Theoretisch wenn ich die Inbusschrauben gegen Knaufschrauben oder Rändelschrauben ersetze sollte es eigentlich als "Ladung" gelten und der TÜV sich dafür gar nicht mehr interessieren. Aber mal abwarten was der TÜVer so spricht. Ich werde berichten wenn ich meine HU im September hinter mir habe. Dann wissen wir alle mehr...

 

Update Herbst 2024:

Nun war ich heute endlich beim "bösen" TÜV und ich muss sagen: Der hat die Unterflur-Heckkiste total ignoriert! Als er den Wagen hinten aufgebockt hatte, um die Räder frei drehen zu können, war er mit seiner Birne direkt unter der Kiste und hat sich noch kurz gefragt warum er da keinen Platz zum arbeiten hat. Er hat kurz hoch geguckt und dann einfach unbeirrt weitergemacht. Sie war ihm also nicht nur durchgerutscht und nicht aufgefallen, sondern er hat sie bewusst ignoriert. Also sind jetzt auch letzte Bedenken vom Tisch.

Also erkläre ich die Heckkiste zu einem meiner Liebingsprojekte.

 

 

Verwendete Materialien:

- Alubox 100x40x40, ca. 125,-EUR bei ebay

- Alureste Winkel aus meiner Materialkiste

- ein alter Spanngurt

- Blindnieten

 

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